
Feminismus: Emanzipation und Gleichberechtigung für alle
"In der revolutionären Bewegung ist feministische Bewusstseinsbildung für Männer genauso wichtig, wie für Frauen.“ Bell Hooks, Feminismus für alle
Was ist Feminismus?
Feminismus ist eine Bewegung, die sich gegen sexistische Ausbeutung, Unterdrückung und Geschlechterhierarchien richtet und für die Verbesserung der Lebensumstände und die Freiheit aller Menschen eintritt.
Bereits zu Beginn der feministischen Bewegung in Europa, wurde das Frauenwahlrecht, gleichberechtigte Ehe- und Liebesbeziehungen und die Abschaffung patriarchaler Strukturen eingefordert. Die Ursprünge dieses Feminismus lassen sich in die Reformbewegungen des 18. und 19. Jahrhunderts zurückverfolgen, insbesondere in die Zeit der Französischen Revolution in Europa und der Anti-Sklaverei-Bewegung in den USA, in deren Kontext die ersten Erklärungen der Frauenrechte entstanden.
Feminismus ist weit mehr als eine einzelne Bewegung – er umfasst ein komplexes Spektrum von Ideen, Zielen und Ansätzen, die alle darauf abzielen, Geschlechtergerechtigkeit zu schaffen.
Feminismus ist vielfältig und zeigt sich in unterschiedlichen Formen. Es gibt nicht den einen Feminismus, sondern eine Vielzahl feministischer Bewegungen und Theorien, die auch als Feminismen bezeichnet werden. Was sie eint, ist die Überzeugung, dass alle Geschlechter gleichwertig sind und diese daher gleichberechtigt sein sollen.
Das zentrale Ziel der Feminismen ist es Selbstbestimmung, Freiheit und Gleichheit für alle Menschen im öffentlichen wie auch privaten Raum zu ermöglichen.
Um dieses Ziel zu erreichen, setzen sich feministische Theorien mit den Machtverhältnissen und gesellschaftliche Strukturen auseinander, die ungleiche Geschlechterverhältnisse aufrechterhalten.
Das Patriachat, ein wiederkehrendes Thema in feministischen Diskussionen, beschreibt eine Gesellschaftsform, die von Cis-Männern dominiert und auf deren Interessen ausgerichtet ist, während andere Geschlechter systematisch benachteiligt und diskriminiert werden. Die Überwindung patriarchaler Strukturen ist somit ein zentrales Anliegen des Feminismus mit dem Ziel ein gerechteres inklusiveres Gesellschaftssystem zu schaffen.
Ein intersektionaler Feminismus verdeutlicht, dass patriarchale Strukturen nicht isoliert wirken, sondern eng mit andere Diskriminierungsformen wie Rassismus, Klassismus und Ableismus verflochten sind. Er zeigt auf, dass patriarchale Strukturen Bestandteil eines umfassenden Systems von Macht- und Herrschaftsverhältnissen sind, indem verschiedene Formen der Diskriminierung miteinander verwoben sind und gemeinsam gesellschaftliche Ungleichheiten aufrechterhalten.
Obwohl das Patriarchat heute subtiler auftritt als vor 50 Jahren, sind patriarchale Strukturen nach wie vor tief in der Gesellschaft verankert und prägen viele Lebensbereiche. Geschlechtergerechtigkeit ist nach wie vor in keinem Land der Welt erreicht. Männer dominieren weiterhin Macht- und Einflusspositionen und halten die ungleichen Geschlechterverhältnisse aufrecht.
Dies zeigt sich etwa am Gender Pay Gap oder der Unterrepräsentation von Frauen sowie trans*, inter*, nicht-binären und agender Personen (FLINTA) in Führungspositionen und in der Politik. Die weitreichenden Auswirkungen des Patriarchats auf FLINTA-Personen werden besonders in Statistiken zur geschlechtsspezifischen Gewalt sichtbar. So stellte eine UN Studie zu Femiziden fest, dass die Gewalt gegen Frauen weltweit zunimmt.
Im Jahr 2023 wurden weltweit 85.000 Frauen durch Femizide getötet – das entspricht mehr als 230 Frauen pro Tag.
Diese Taten sind eine Folge einer in der Gesellschaft tiefverankerten patriarchalen Weltanschauung.
Die Lage der Frauen im Iran
Im Iran sind Frauen besonders schwerwiegender Diskriminierung ausgesetzt, die in nahezu allen Bereichen des sozialen, kulturellen und politischen Lebens durchdringt.
Frauen sind beispielsweise gesetzlich dazu verpflichtet, sich zu verschleiern, und genießen keinen rechtlichen Schutz vor häuslicher Gewalt oder Vergewaltigung in der Ehe. Vor Gericht sind ihre Zeugenaussagen nur halb so viel wert wie die von Männern, und das Leben einer Frau wird finanziell ebenso geringer bemessen. Darüber hinaus benötigen Frauen laut Gesetz die Zustimmung ihres Ehemanns, um sich scheiden zu lassen, was ihre Autonomie und Rechte weiter massiv einschränkt. Das sind nur einige Beispiele der vielfältigen Formen der Unterdrückung, mit denen Frauen im Iran konfrontiert sind.
Diese systematische Unterdrückung von Frauen ist das Ergebnis tief verwurzelter patriarchaler Strukturen, die durch restriktive Gesetze, soziale Normen und kulturelle Traditionen aufrechterhalten werden.
Feministische Revolution im Iran
Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Frauen im Iran in Reformbewegungen aktiv und gründeten Schulen, Zeitschriften und organisierten sich in Frauengruppen. Sie erstritten das Recht ab den 20er Jahren Schulen und Universitäten besuchen zu dürfen. Ab den 60er Jahren gab es erste Erfolge im Wahl- und Familienrecht.
Mit der Islamischen Revolution 1979 und der Errichtung der Islamischen Republik unter Ayatollah Khomeini veränderte sich die gesellschaftliche Stellung von Frauen im Iran drastisch. Die zuvor erreichten Fortschritte in Bereichen wie Recht, Bildung und politischer Teilhabe wurden größtenteils zurückgenommen, während neue Formen der Diskriminierung eingeführt wurden. Seit der Islamischen Revolution 1979 kämpft die iranische Frauenbewegung unter repressiven Bedingungen für ihre Rechte. Trotz Rückschlägen und staatlicher Unterdrückung hat sie innovative Wege gefunden, Widerstand zu leisten und internationale Solidarität zu mobilisieren. Die Bewegung bleibt ein zentraler Bestandteil des Kampfes für soziale und politische Reformen im Iran.
Im Jahr 2022 löste der Tod von Jina Mahsa Amini im Iran landesweite Proteste aus. Die junge Kurdin war zuvor wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die strikte Kleiderordnung festgenommen worden und starb wenig später an den Folgen der ihr zugefügten Misshandlungen.
Diese schrecklichen Ereignisse führten zu einer Protestwelle, die auch als feministische Revolution beschrieben werden.
Die Demonstrationen richten sich gegen die systematische Unterdrückung von Frauen und die jahrzehntelangen Repressionen des Regimes im Iran.
Unter dem Slogan „Jin, Jiyan, Azadi“ (Frau, Leben, Freiheit) kämpfen Frauen und ihre Verbündeten aktuell für Frauen- und Menschenrechte und die Freiheit aller Menschen im Iran.
Quellen
https://unrast-verlag.de/produkt/feminismus-fuer-alle/
Feminismus für alle
Bell Hooks
https://link.springer.com/article/10.1007/s12399-023-00961-9
„Frauen. Leben. Freiheit.“ - die feministische Revolution im Iran
Katia Hamann
https://www.gleichstellungsportal.de/abc-der-gleichstellung/feminismus-frauenbewegung/
ABC der Gleichstellung: Feminismus/Frauenbewegung
Gleichstellungsportal
https://www.fes.de/wissen/gender-glossar/patriarchat
Patriarchat
Friedrich Ebert Stiftung
https://www.gwi-boell.de/de/2018/05/25/was-ist-feminismus
Was ist Feminismus
Gunda Werner Institut/ Heinrich Böll Stiftung
https://www.boell.de/de/2018/06/29/feminismus-im-ueberblick
Feminismus: Begriffe und FAQs
Heinrich Böll Stiftung
https://www.gleichstellung-im-blick.de/die-entwicklung-des-patriarchats-und-wo-sie-es-heute-noch-finden-koennen/
Die Entwicklung des Patriarchats und wo Sie es heute noch finden können
Gleichstellung im Blick
https://www.tagesschau.de/inland/gewalt-frauen-tag-100.html
UN-Studie zu Femiziden. 85.000 Frauen weltweit getötet
Tagesschau, 25.11.2024
https://www.weforum.org/publications/global-gender-gap-report-2024
The Global Gender Gap Report 2024
World Economic Forum 2024